Vegan ist nicht gleich Bio

In der aktuellen Kochen Ohne Knochen (04/13) lese ich im Interview mit Nicol Gärtner, der Firmengründerin von Biovegan:

KoK: „Warum gehören für euch bio und vegan zwingend zusammen?“

Gärtner: „Weil eine gesunde Ernährung nur bio sein kann! (…) Warum sollte man akzeptieren, dass durch das Spritzen von Pestiziden etwa auf Getreide die Umwelt geschädigt wird?“

In „Vegan For Fit“ schreibt Attila Hildmann, neben anderen Tatsachenverdrehungen, Mythen und Halbwahrheiten, „(…)Im Bioladen einkaufen oder ausgewiesene Bioprodukte kaufen, auch wenn es mal teurer erscheint. Nur so schaffst du es, keine Substanzen zu dir zu nehmen, die nicht ins Essen gehören.“ 

Ich könnte noch viel mehr solcher Beispiele bringen, in denen Veganismus und Bioprodukte Hand in Hand zu gehen scheinen. Es scheint fast der Konsens zu sein, dass man als richtiger Veganer – ob aus ethischen oder gesundheitlichen Gründen, zumindest immer versuchen sollte bio zu essen. Auch ich dachte früher so. Ich hatte ein schlechtes Gewissen mein „böses“ konventionelles Gemüse zu kaufen, da ich es mir nicht immer leisten konnte in den Bioladen zu gehen. Wieso ich jetzt kein schlechtes Gewissen mehr habe? Weil die Dichometrie Bioprodukte vs Konventioneller Anbau nicht so schwarz/weiß ist, wie es beispielsweise in den Zitaten oben dargestellt wird.

Im KoK-Interview beispielsweise ist impliziert, dass Bioprodukte pestizidfrei sind. Das ist schlichweg nicht wahr. Es kann natürlich vorkommen, dass ein kleiner Biobauer keine Pflanzenschutzmittel spritzt, aber dies kann genauso bei einem konventionellen kleinen Bauern vorkommen. In Großbetrieben wird in der Regel gespritzt, ob nun bio und konventionell. Der Unterschied ist, dass im Biolandbau bestimmte Pestizide verboten sind. Dafür werden dann Alternativen benutzt, wie beispielsweise Kupfer und Schwefel. Kupfer ist sehr schädlich für den Boden und die Umwelt.

Schrot und Korn  antworten auf die Frage, ob nicht Kupfer mindestens genauso schädliche wie andere Pestizide ist, damit, dass Kupfer nur in hohen Mengen gefährlich wird. Das mag wahr sein, aber das stimmt genauso für andere Pestizide, die im konventionellen Landbau angewendet werden. Auch hier gibt es sehr niedrige Begrenzungen für den Landbau, die nicht überschritten werden dürfen, so dass keine zu hohen Mengen im Essen landet. Wenn man allerdings Angst vor der Anhäufung von Giften im Essen hat, so gilt das auch bei Kupfer und Schwefel.

Sie zitieren „Nach Angaben des Umweltbundesamtes verbraucht der Ökolandbau in Deutschland 20 Tonnen Kupfer im Jahr, die konventionelle Landwirtschaft 300 Tonnen.“. Das klingt zunächst so, als ob die konventinelle Landwirtschaft viel mehr Kupfer spritzen würde als die Biobauern. Wenn man allerdings bedenkt, dass der Ökolandbau zu diesem Zeitpunkt weniger als ein Zehntel der Gesamtbetriebe ausmacht, so sieht es eher so aus, als würden sowohl der Ökolandbau, als auch die konventionelle Landwirtschaft Kupfer ungefähr gleich viel nutzen.

Fakt ist, sowohl der konventionelle Landbau, als auch der Biolandbau gebrauchen Pestizide die schädlich für die Umwelt sind. Die Lösung dafür kann nicht die aktuelle Biozertifikation sein. Ich werde, hoffentlich, ich Zukunft noch mehr zu diesen Thema schreiben, da ich mich in den letzten Monaten viel mit Landbau, Bioproduktion, Genmanipulation und weiterem beschäftigt habe. Zunächst aber zu Hildmanns Annahme, Bioprodukte seien gesünder.

Greenpeace, die sich stark für den Bioanbau einsetzen, sagen, dass Bioprodukte zwar „besser“ seien, aber nicht gesünder. „Konventionelles Obst ist nicht weniger gesund für den menschlichen Organismus als Bio-Obst und -Gemüse“, meinte Christiane Huxdorff, die bei Greenpeace für nachhaltige Landwirtschaft zuständig ist. „Wir sagen nie, dass Bio gesünder ist.“ Die größte Metastudie zum Thema von 2012 zeigt auch, dass es keinen Grund gibt anzunehmen, dass Bioprodukte gesünder sind als konventionelle Ware. 

Man kann viel über Bio diskutieren, zB darüber warum Bioanbau (wie er beispielsweise bei Demeter betrieben wird) teilweise weniger vegan ist, als im konventionellen Anbau. Was mir allerdings besonders wichtig ist, ist das beides im Veganismus Platz hat, für den Bioladeneinkäufer und den Discountereinkäufer. Ich bezweifel stark, dass es den Tierrechten hilft, Menschen auszuschließen, weil sie nicht in der Lage sind teurere Produkte zu kaufen, von denen wir nicht mal sicher sein können, dass sie besser für Menschen, Tier und Umwelt sind. 

Noch stets habe ich übrigens vor zu schauen wie weit ich mit 100 Euro im Monat komme, wenn ich versuche es nur für Bio-Lebensmittel auszugeben. Konventionell geht es gut, bei Bio bin ich gespannt wie es mir ergeht.

 

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16 Kommentare

  1. „In „Vegan For Fit“ schreibt Attila Hildmann, neben anderen Tatsachenverdrehungen, Mythen und Halbwahrheiten“ – Lea, damit hast du meinen Tag gerettet. Ich seh das Ganze so in etwas wie du, vor 2 Jahren (?) gab es auch schon mal eine Reportage über „die Bio-Lüge“ (whatever), in der aber Hauptsächlich dieser massive Kupferverbrauch der Bioindustrie angesprochen wurde. Seitdem versuche ich mich auch mehr und mehr mit dieser ganzen Maschinerie „Bio“ auseinander zusetzten.

    Auf dein Fazit zum Kostenpunkt freue ich mich schon! Das wird sehr interessant 🙂

    Liebe Grüße und dir ne schöne Woche
    Juli

    1. Hi Juli,

      Das freut mich. 😀
      Ich hab ja wirklich die ganze Zeit Angst über so Themen wie GMO und Bio kritisch zu schreiben weil ich nicht einfach Menschen vor den Kopf stoßen soll, aber als ich gestern zufällig beide Zitate laß, packte mich es einfach und wollte mal kurz meine Gedanken dazu aufschreiben. Menschen so Angst zu machen, à la „wenn du nicht bio isst, wirst du krank und zerstörst die Welt!!“ finde ich nicht so super.

      Mal sehen wann ich das hinbekomme. Im Dezember erst mal nicht. Im Januar wollte ich eher noch mal erst mal zeigen wie ich so mit 100 Euro im Monat klar komme. Die letzten Male als ich das gemacht hab, hab ich dann immer vergessen dazu posten. Das bringt’s dann auch nicht so richtig.

      Dir auch eine schöne Woche!
      Lea

  2. ich denke auch, dass es wichtiger ist viel Gemüse und Obst aus konventionellem Anbau zu essen als z.B. Biofleisch… na, aber da sind wir uns sowieso einig. Dass Pestizide weniger schlecht sein sollen als z.B. Brennesselsud gegen Ungeziefer leuchtet mir aber nur bedingt ein. Mit dem Kupfer allerdings: ja, das versteh ich! Ach ja, ein weites Feld!
    Lobenswert finde ich deinen Ansatz, dass man Veganer und In-Normalen-Läden-Kaufende nicht auseinander dividieren sollte! Man kann sehr wohl vegan (in meinem Fall vegetarisch) sein ohne dauern im Bioladen einzukaufen!

    1. Ja, das konventionelles Gemüse besser ist als bio tierprodukte ist natürlich auch wahr.

      Naja, Pestizide weniger schlecht als Brennenesselsud… alles sind Pestizide, die dafür eingesetzt werden, auch Brennenesselsud. Man müsste also von Fall so Fall sehen welche Pestizide im konventionellen Anbau und welche im Bioanbau verwendet werden.

      Man kann nicht nur VeganerIn* sein und im Supermarkt einkaufen, es macht einen auch nicht weniger vegan. 🙂

    1. Das freut mich wirklich, deinen Kommentar dazu zu lesen. Ich hab früher auch vor allem im Bioladen eingekauft, dann aus preislichen Gründen nicht mehr, und erst wegen dem schlechten Gewissen habe ich überhaupt noch mal länger drüber nachgedacht. Ich als greenpeace Mitglied und mit Bio-Mama komm ja eigentlich auch total aus der Bioladenecke 🙂

  3. Interessanter Beitrag. 🙂 Das mit dem Kupfer war mir neu, ich bin wohl leichtgläubig, was bio angeht…

    Habe mich letztens sehr aufgeregt, als jemand in einer Facebookgruppe allen Ernstes meinte, er würde nun nur noch halb so viel Essen kaufen müssen, seit er bio kauft und deswegen kann sich das ja nun jeder (!) leisten. =/ Sehr elitär.

    1. Danke 🙂 Ich finde es auch echt fies, dass die Bioindustrie ja auch zumindest kein Problem damit hat, verwirrende Aussagen zu machen. Ich finde ja viele Ideen und Ideale in Bioprodukten gut, aber dieses „so lange man Bio isst, ist alles gut“ denken, was bioläden einem oft verkaufen passt ja zB auch nicht mit dem Fleisch,

      Wenn er von halb so viel satt wird, ist das ja schön für ihn. Das sagt nur gar nichts darüber aus wie viel er dafür zahlt. Die 100 euro im monat berechnung ist ja ungefähr so viel wie man als hartz 4 einzelperson fürs essen hat. Als gesunde Einzelperson, die sonst keine großen ausgaben hat, davon Bio zu essen? Langweilig, aber irgendwie wohl machbar (meiner Erfahrung nach). Aber mit Kindern? Mit Krankheiten? Oder wenn man auch einfach nicht in der Lage ist so viel über den Einkauf sich Gedanken zu machen. Mit wenig Geld nur Bio einzukaufen fordert echt heraus. Wenn ich dann nur im Bioladen einkaufen würde, ginge das echt nett, also muss das mit Bioprodukten aus den Discountern zusammengefügt werden. Und eingeschränkt ist der Essensplan dann trotzdem noch. Naja, hoffentlich schreibe ich bald noch mal mehr dazu 🙂 Danke für deinen Kommentar noch mal.

  4. Hallo,

    auch wenn der Beitrag jetzt ja schon ein paar Wochen her ist und ich nicht weiß, ob du den Kommentar jetzt noch liest, wollte ich dir sagen, dass ich den Beitrag sehr ansprechend fand und auch so meine Schwierigkeiten mit dem erhobenen Zeigefinger aus „Bio“ Richtung habe, zumal man da ja noch mal unterscheiden muss, inwiefern es sich bei „Bio“ auch um „Bio“ handelt und inwiefern es einfach nur eine Marketing-Strategie ist. Ich meine: Kaufland Bio?!! Seriously?
    Ich kaufe übrigens ca. 50% im Bioladen um die Ecke ein, weil da die Qualität ganz gut ist und es so ein Kollektiv ist. Man ist Mitglied und zahlt dann einen Beitrag, dafür sind die Produkte aber meistens gleich teuer wie im Supermarkt oder sogar günstiger. Wenn ich dort aber Biotomaten aus Spanien sehe, gehe ich doch lieber zum Supermarkt und kaufe die konventionellen aus Deutschland.

    Bin aber auf jeden Fall gespannt, wie weit du mit 100 Euro kommst. 🙂

    Viele Grüße
    Natalie

    1. Hi Natalie,

      Ich freu mich immer über so interessante Kommentare, egal wie alt der Post ist.

      Fleischprodukte und Bio sind noch mal so eine Sache. Das ist natürlich besonders kritisch, weil so viele Menschen denken mit bio Fleischprodukten würde man den Tieren irgendwas gutes tun.

      So Kollektive finde ich interessant. Ich habe jetzt von meinen Eltern für ein paar Monate eine regionalbox zu weihnachten bekommen. Die sind auch alle bio, aber ich hätte auch gegen eine konventionelle Regionalbox nichts, aber sowas konnte ich nicht finden.

      Viele Grüße, Lea

  5. Hallo und guter Artikel bis auf ein Punkt der Vergessen wurde. Bei konventionellem Anbau also mit chemischen Pestiziden MUSS ein Tierversuch stattfinden damit er überhaupt zugelassen wird. auf Kosmetik das Tierversuchsfrei ist wird geachtet aber bei Obst und Gemüse ist es egal?

    1. Damit das Pestizid zugelassen wird meinst du?

      Ich find das ganze sehr kompliziert. Denn Demeter ist sicherlich noch unveganer als konventionell. Im Endeffekt heißt es, dass man nur von den Labels bio oder nicht, eigentlich nicht viel aussagen kann. Es gibt auch Bauern, gerade kleinere, die ohne viele Pestizide arbeiten (oder nur mit solchen die auch im Bioanbau sind, also eigentlich alles mögliche…) und einfach kein überteuertes Biozertifikat haben.

  6. Du willst Pestizide nicht ernsthaft mit den im ökologischen Landbau eingesetzten Substanzen vergleichen?
    Der Zusammenhang zwischen dem Sterben vieler Insekten z.B. von Bienen und konventionellen Pestiziden ist doch wohl nicht ernsthaft anzweifelbar?
    Pestizide sind Gifte, die gezielt eingesetzt werden, um „Schädliche“ – also Insekten, Käfer und Co zu töten. Im Bio-Landbau werden stattdessen Nützlinge genutzt um auf den Feldern ein Gleichgewicht zu haben. Geh mal auf ein Biofeld und guck dir an wie viele Insekten und Arten dort leben (insbesondere auch im Boden!) und geh dann auf ein konventionelles Feld – da findest du nichts.
    Der Bio-Landbau, auch Demeter, setzt auf Artenvielfalt und vor allem gesunde Böden. Der konventionelle Landbau laugt die Böden aus und belastet das Grundwasser mit Nitrit. Nährstoffe werden dem Boden halt immer wieder über Dünger zugefügt.

    Ja, es wird auch Kupfer eingesetzt, allerdings nur in wenigen Kulturen und unter strengen Grenzwerten. Und es wird erheblich nach Alternativen gesucht, weil die Branche weiß, dass es nicht gut ist.
    Mehr Infos unter: http://www.boelw.de/biofrage_10.html

    Im konventionellen gibt es auch Grenzwerte, aber diese gelten pro einzelnes Pestizid. Forscher und Umweltorganisationen warnen davor, dass der Cocktail mehrerer, teilweise duzender Pestizide (jedes unter dem Grenzwert) erlaubt ist und die Auswirkung dieses Cocktails nicht einmal erforscht sind. DIe Branche macht aber einfach so weiter und setzt weiter und mehr auf Pestizide und sogar gentechnisch veränderte Pflanzen, die z.B. Pestizide gleich selbst ausströmen.

    1. Die im ökologischen Landbau eingesetzten Substanzen sind auch Pestizide, nur eben organische. Ob man das eine jetzt „Gift“ nennen will, und das andere „Nützling“ ist dabei recht egal. Es geht darum einen Landbau zu finden, der so wenig Pestizide wie möglich verwendet – ob diese biologisch sind oder nicht ist dabei irrelevant. Mir geht es dabei nicht darum, zu behaupten es gebe keine tollen Biohöfe, die ihr bestes tun umweltfreundlicher anzubauen (wobei man dabei auch immer beachten muss wie viel weniger angebaut werden kann in der Bioindustrie). Mir geht es vor Allem um die EU-Bio Standards und wiefern diese sinnvoll oder nützlich sind.

      Leider habe ich bisher keine gute Metastudie zum Bienensterben gelesen. Bisher hatte ich immer gelesen, dass es schwer ist herauszufinden weshalb so viele Bienen sterben. Allerdings auch wenn dies der Fall ist, dann dürfen eben keine Neonicotinoide mehr verwendet werden. Das bedeutet allerdings nicht das alle natürlich vorkommenden Gifte ungefährlich sind.

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